Nachdem Rotfelden in den letzten Jahren viele seiner lokalen Geschäfte und seine Bankfiliale verloren hat, fehlt ein örtlicher Bezugspunkt, wo man aufeinander treffen kann.

Von vielen Älteren wird jetzt bedauert, dass man fußläufig, keine kleineren Besorgungen mehr machen kann - mit Ausnahme dem Backwaren Verkauf im Backhaus am Samstag. Der/die ein oder andere träumt von einem kleinen Dorfladen, oder von einem Tagestreff in Rotfelden, wohin man ungezwungen zu einem Kaffee und Kuchen gehen kann. Wie realistisch ist das?

Es gibt inzwischen in ländlichen Gemeinden Bürgerinitiativen, die solche Einrichtungen beginnen auf der Basis eines Wohlfahrtunternehmens selbst zu betreiben. Der Erfolg hängt von dem zeitlichen Engagement der Bürger ab, die bereit sind sich in diese Projekte einzubringen.

Wie sehen die Kriterien für den Betrieb einer solchen Institution aus?

Bürger-Treffpunkt im Gemeinde Eigentum

Zum Beispiel, ein Lokal im Gemeindebesitz wird verpachtet. Die Pacht kann sich nach dem erforderlichen Wirtschaftsbetrieb richten, bei dem keine Gewinnabsicht besteht. Der Pächter zahlt für Energie / Wasser / Heizung und die sonst anfallenden Nebenkosten. Das Inventar kann von der Gemeinde gestellt werden. Dem Pächter obliegt der dauernde Betrieb. Ein gemeinnütziger Verein kann die Pacht durch Beiträge und Spenden erbringen. Die Betriebskosten müssen mit den Erlösen aus dem Lokalbetrieb gedeckt werden. Aber mit welchen Betriebskosten muß man rechnen?

Die Regel: Pacht mal acht

In der Regel wird eine Pachthöhe in der Gastronomie oder im Handel mit 8% des erzielbaren Umsatzes als angemessen gesehen. In einem kleinen Ort sind natürlich keine großen Umsätze zu erzielen. Obwohl es kann sich auch manchmal anders entwickeln.  Man stelle sich einmal das Kulturcafe "Heimatglück" vor, das wegen seiner von den Betreibern gebackenen, wunderbaren Torten überregional bekannt wird. Auch dank seiner Aussichtslage ist es im Sommer ein gern besuchter Treffpunkt für Wanderer und Fahrradfahrer. So kommt es bald, dass an Sommertagen hunderte Besucher das Lokal besuchen. Die Umsätze liegen an diesen Tagen im Tausend Euro Bereich. Bald sind die Betreiber überfordert und brauchen zusätzliches Personal zu den freiwilligen Helfern. Nach einigen stressvollen Wochenenden schwindet, trotz der hineingesteckten Arbeit der Erlös. Die Freude über den Zuspruch an Gästen  ist nur von kurzer Dauer, als das vorhandene Kapital dann im wahrsten Sinn aufgegessen wird. Es bedarf viel Engagement und Mut, eine solche Einrichtung während eines Geschäftsjahres sicher durch die Auf- und Ab des Tagesgeschäfts zu steuern. Das können oft nur echte Profis mit Branchenausbildung schaffen. Und damit gerät ein solches Projekt auch schon wieder schnell an seine Grenzen. Das Engagement schwindet schnell bei den freiwillig Beteiligten, wenn am Ende nur rote Zahlen entstehen.

Dorfladen Schlichten eG

Schlichten ist ein Ort auf dem mittleren Schurwald mit 860 Einwohnern und gehört zur Stadt Schorndorf. In Schlichten gibt es einen Kindergarten, ein Allwetter-Bad, eine Halle, eine evangelische Kirche, ein Bürgerzentrum mit Verwaltungsstelle, einen Spiel-, Bolz- und Grillplatz sowie einen 2015 in Genossenschaftsform eröffneten Dorfladen mit Vollsortiment. Der Ort hat einen Ortschaftsrat mit acht Mitgliedern und Ortsvorsteher.

Begonnen hat das Projekt mit einer privat initiierten Umfrage im Jahr 2011 zu einem Dorfladen. Daraus eintstand ein achtköpfiger Arbeitskreis in 2012, der bei vielen öffentlichen Veranstaltungen informierte und Stimmungen abfragte und die Bürger diskutieren ließ. Das Startkapital von 50 tsd Euro für die zu gründende Dorfladen Genossenschaft wurde privat von den Bürgerinnen und Bürgern auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Im Februar 2014 wurde die Genossenschaft von 13 Mitgliedern gegründet. Danach begann das Beitrittsverfahren, bei dem die vorläufigen Anteile in Genossenschaftsanteile umgewandelt wurden. Im November 2014 fand dann die zweite Generalversammlung mit schon hundert Teilnehmern statt. Dort wurde dem Bau des Ladens in Pavillion Bauweise zugestimmt. Mehr über dieses Projekt sieht man hier hier:

 

Einkaufen bei Tante M

Ein anderes Konzept verfolgt das Unternehmen "Einkaufen bei Tante M". Diese Läden haben 7 Tage in der Woche von 5 bis 23 Uhr geöffnet und sind reine Selbstbedienungsläden. Großerlach im Rems-Murrkreis zählt zu den dünstbesiedelsten Flächengemeinden und liegt im Raum Stuttgart. Der Bürgermeister hatte verzweifelt versucht den ehemaligen Laden wieder zu revitalisiern, Aber es scheiterte immer wieder an zu wenig Umsatz und den Personalkosten. Dann kaufte die Gemeinde das Geschäftsgebäude für 100.000 EUR und fand in Christian Maresch und seinen Tante-M-Läden den richtigen Partner. Bei seinen Läden zahlt der Kunde an einer unbesetzten Kasse, indem er seine Waren selbst erfasst und dann mit Geldkarte bezahlt.
Wer jetzt glaubt, dass sei eine Einladung für Ladendiebe, wird aber überrascht sein. Der Laden ist Video überwacht und rein kommt man nur mit Geldkarte. Der Betreiber hat überraschend festgestellt: „Es wird nicht mehr geklaut als anderswo auch. Die wenigen Mitarbeiter kümmern sich um das Auffüllen der Waren und dass der Laden sauber ist. Das Warensortiment wird ständig an die Kundenwünsche angepasst und so findet sich mit der Zeit Alles, was jeder so im Alltag braucht. Es gibt immer mehr Läden dieser Art in der Region. Mehr über dieses Projekt sieht man hier und wer Zeit kann es sich auf Youtube anschauen:

Bei allen diesen Unternehmungsbeispielen darf man aber nicht vergessen einen Blick auf die Nachhaltigkeit zu werfen. Solche Einrichtungen sind keine Selbstläufer, sondern der Erfolg steht und fällt mit der Kundenfrequenz. Gefällt es einem nicht, geht man zur Konkurrenz. Auch dieses Modell kann scheitern, wenn es am richtigen Lieferanten mangelt. Tante-M zum Beispiel kauft bei Zwischenhändlern ein, und damit schwinden die Gewinnspannen für die Ladenbetreiber, welche den Aufwand tragen. Wie sich das verhält, wurde in den Beiträgen aber nicht angeschnitten.

Fazit:
Alles kommt wieder - früher waren es die Konsumgenossenschaften, bevor die Discounter um Aldi und Lidl diese aus dem Rennen warfen. Jetzt kämpfen die Alternativläden mit ihnen wieder um das Bestehen. Es wird spannend sein, wer es besser macht.